Der deutsche Occidentalist

2. Jahrgang № 4 (16). 15. Juni 1934.

Mitteilungsblatt des Deutschen Occidental-Sprachbundes (German Occidental-Federation).


Übersetzungsschwierigkeiten

Jeder, der zuerst versucht, aus der eigenen in eine fremde Sprache zu übersetzen, stößt dabei auf Schwierigkeiten. Es ist bekanntlich sehr viel leichter, aus einer anderen Sprache in die eigene zu übersetzen. Manche Ausdrücke der natürlichen Sprachen lassen sich überhaupt nicht übersetzen, so vor allem die Wortspiele, aber auch manches andere. Ich habe oft gefunden, daß man einen Ausdruck, dessen Übersetzung Schwierigkeiten bereitet, einfach weglassen kann, natürlich nur dann, wenn dadurch der Sinn nicht entstellt wird. Das gilt vor allem von Ausdrücken, die reine Modekrankheit sind, wie z. B. „restlos“ und „als solcher“, die in den letzten Jahren unsere deutsche Sprache verunzierten und auch in jedem deutschen Text getrost gestrichen werden können, ohne daß dadurch der Sinn im geringsten verändert wird. Eine scheußliche Modekrankheit ist auch die Redensart „im Bilde sein“, oder, noch greulicher: „jemanden ins Bild setzen, was eine ganz verkorkste Metapher ist; statt dessen sagt man: Bescheid wissen, oder: unterrichtet sein, oder: sich über etwas im klaren sein, oder einfach: etwas wissen oder kennen; ins Occidental übersetzt: esser informat, saver, conosser. Leeres Stroh ist auch das „letzten Endes“, das glücklicherweise schon etwas aus der Mode gekommen ist; es zu übersetzen, kann man sich ruhig sparen. Meist überflüssig ist auch das Wort „bekanntlich“, mit dem der Schreiber sich nur gegen den Vorwurf schützen will, daß er eine Binsenwahrheit auftische.

Dann gibt es noch mancherlei Wörter, die zwar gut deutsch sind, aber doch nur den Satz oder Satzteil etwas färben oder betonen sollen, oft auch nur etwas ausfüllen, z. B. „überhaupt“, „nämlich“, „ohnehin“, „sowieso“. Sie lassen sich wohl manchmal durch so farblose Partikeln wie „ya“ ins Occ. übersetzen; in manchen Fällen wird man sie aber ebenfalls getrost weglassen können. Man muß sich nur eben („eben“, das ist auch so ein Wort!!) den Sinn des Satzes vergegenwärtigen: das ist die erste Voraussetzung einer guten Übersetzung.

In vielen Fällen läßt uns unser braver Gär im Stich (gepriesen sei seine fleissige selbstlose Arbeit!). Da gibt es aber Auswege; man sieht in einem englischen und französischen Wörterbuch nach, womöglich auch noch in einem italienischen und spanischen; dann hat man den richtigen Ausdruck meistens leicht und schnell gefunden. Noch ein anderes Rezept: Man sucht für den deutschen Ausdruck einen anderen mit möglichst engverwandtem Sinn.

Die allergrößten Schwierigkeiten bieten freilich technische Ausdrücke, die noch nicht von unserer Akademie festgelegt sind; soweit sie nicht in den größeren Sprachen übereinstimmen (die kleineren Formabweichungen sind für das Occidental meist belanglos), empfiehlt es sich, die deutsche, englische und französische Übersetzung in einer Klammer hinzuzufügen.

Dr. Peipers, Köln.

Presseschau.

  • VOGTLÄNDISCHER ANZEIGER UND TAGEBLATT vom 2. März 1934, enthält einen kurzen Aufsatz: „Was ist Occidental?“, eingerückt durch Coidealist Weller, Plauen i. V., Neuendorfer Str. 55.
  • COSMOGLOTTA, ANNU XIII, № 92, 93, 94, 95, 96.
  • Ric. Berger: L'OCCIDENTAL EN CINQ LEÇONS. Chapelle 1934. 16 S. 0.40 Schw. Fr.

Spenden:

Sr. Willy Mildebrath, Bernau: 14.– M. Sr. Joh. Quensel, Günthersleben: 11,50 M.

Herzlichen Dank!