German Occidentalist

№ 7. 1933.

Mitteilungsblatt des Deutschen Occidental-Bundes in Berlin-Bernau. – Juli 1933.


Occidental lebt, wächst und wirkt!

Jede Sache trägt den Prüfstein ihres Wertes in sich selbst. Wer einmal in das Wesen des Occidental eingedrungen ist, der lächelt nur noch, wenn ihn jemand fragt: „Was nützt Ihnen Occidental?“ – Occidental zu kennen bedeutet geistigen Gewinn. Der innere Gesichtskreis erweitert sich um vieles. Occidental gibt nichts Totes; es gibt nur Lebendiges und Kraftvolles; Occidental enthält ungeahnte Bildungs- und Zukunftswerte.

Der Beweis dafür liegt im Occidental selbst.

Occidental-Tage in Bernau

Zum zweiten Male seit seinem Bestehen rief der Deutsche Occidental-Bund seine Mitglieder und Freunde zu einer Tagung zusammen. Die erste Tagung war am 8. und 9. Oktober 1932 in Leipzig, die zweite am 3./4. Juni 1933 (Pfingsten). Das freundliche und altertümliche Hussitenstädtchen Bernau, der Sitz unseres Bundes, bewillkommnete die Teilnehmer der Tagung mit dem prächtigsten Pfingstwetter. Dank der musterhaften Vorsorge unseres Gesinnungsfreundes und Administrators Willy Mildebrath entbehrten die Gäste keiner Bequemlichkeit.

Die Tagung begann am Sonnabend, dem 3. Juni 1933, abends ½ 8 Uhr mit einer Begrüssungsansprache des Administrators Willy Mildebrath. Er wies im Verlaufe seiner einleitenden Worte darauf hin, daß der Deutsche Occidental-Bund in der verhältnismässig kurzen Zeit seines Bestehens wertvolle Arbeit im Dienste der Weltspracheidee geleistet habe und daß es gelungen sei, alle deutschen Occidentalisten und fortschrittlichen Freunde der Weltsprache in einem festgefügten Organisationskörper zu vereinigen. Er gedachte dabei mit warmen Worten der tätigen Mithilfe namhafter deutscher Weltsprachefreunde und auch des im August 1932 verstorbenen Coidealisten und Weltspracheveteranen Karp Wallon (Dresden), der schon im Sommer 1930 begonnen hatte, die ersten Vorarbeiten für die Gründung einer deutschen Occidental-Organisation zu leisten. Ohne Übertreibung kann man sagen, daß Occidental nicht nur in der gesamten abendländischen Kulturwelt, sondern ganz besonders auch in Deutschland im Vormarsch begriffen ist.

Anschliessend sprach Gesinnungsfrd. M. A. Fritzsche (Leipzig) über die erfolgreiche Arbeit des Occidental-Clubs Leipzig und über unsere Stellungnahme zum Esperantismus. Er betonte, daß wir Occidentalfreunde nicht Gegner der Esperantisten, sondern nur des Esperanto seien. Unbeschadet der ehrenvollen Verdienste Dr. Samenhofs und seiner Anhänger um die Förderung unseres gemeinsamen Ideals müsse man doch bekennen, daß die sich im Esperanto verkörpernde rationalistisch-schematische Denkweise endgültig überwunden sei und daß die Sprache Samenhofs nun nach Erfüllung ihrer historischen Aufgabe abtreten müsse. Sie werde nun abgelöst durch Occidental, die zeitgemässe und natürliche Weltverkehrssprache. Die ganze Entwicklung der Weltspracheidee sei einem Staffettenlauf zu vergleichen, in dem das Occidental die letzte und siegreiche Staffette bekomme. Mit unseren idistischen, deutschen Gesinnungsfreunden verbindet uns das gemeinsame Streben, unser Ideal seiner raschen Verwirklichung entgegenzuführen. Unser Wunsch ist es, nutzlosen Systemfanatismus zu vermeiden und mit allen fortschrittlichen Freunden der Weltsprache, gleich welches Systems, eine gemeinsame Basis des verständnisvollen Zusammenarbeitens zu finden.

Gesinnungsfreund J. Ponnier (Berlin), gab wertvolle Aufschlüsse über das Wachsen der Berliner Occidental-Bewegung. Die bis in letzte Zeit herrschende, allgemeine Zurückhaltung in Fragen des geistigen Lebens stellte unsere Berliner Freunde vor schwierige Aufgaben bei der Werbetätigkeit.

Über die Werbetätigkeit des Bundes sprach Gesinnungsfreund E. K. Neumann (Dresden). Er betonte, daß wir vor allem auf die persönliche Werbetätigkeit des einzelnen Occidentalisten angewiesen sind und forderte hier nach wie vor unermüdliche Arbeit im Interesse des Occidental. Alle Adressen von Interessenten und neugewonnenen Anhängern müssen der Administration mitgeteilt werden. Die vom Bunde herausgegebenen Werbeschriften, besonders „Der erzieherische Wert des Occidental“ und „Occidental marschiert“ können von der Geschäftsstelle bezogen werden. Da die bescheidenen Mittel des Bundes bei aller Sparsamkeit nicht ausreichen, um eine Propaganda in großem Umfange einzuleiten und durchzuhalten, so müssen wir versuchen, mit geringstem Aufwand eine möglichst gute Wirkung zu erzielen. Der Weltspracheverein „Fortschritt“ in Dresden befindet sich in einem stetigen Aufstieg, so daß für die Zukunft gute Erfolge zu erwarten sind.

Gesinnungsfreund Dr. Wormser übermittelte die herzlichsten Wünsche und Grüße der Ortsgruppe Frankfurt am Main schriftlich und sprach die besten Hoffnungen aus. Auch von anderen Gesinnungsfreunden waren Begrüßungsschreiben eingegangen. Die Beratungen über die zukünftige Arbeit des Bundes sind mit Erfolg zu Ende geführt worden. Es wurde beschlossen, die nächste Bundestagung in Dresden stattfinden zu lassen.

Der Nachmittag des Pfingstsonntags führte die Teilnehmer der Tagung in die landschaftlich schöne Umgebung Bernaus. Nach der heißen Arbeit für Occidental wirkte die schattige Kühle des Waldes doppelt erfrischend. An den reizvollen Ufern des Hellsees entlang und durch den märkischen Kiefernwald ging es nach Biesenthal, wo gemütliche Kaffeepause gemacht wurde, bevor man den Heimweg nach Bernau antrat.

Alle Gesinnungsfreunde nahmen beim Abschied das Bewusstsein mit sich, die deutsche Occidental-Bewegung wieder ein gutes Stück vorwärtsgebracht zu haben.


Vergessen Sie nicht, verehrter Gesinnungsfreund, daß auch so eine ideale Bewegung wie die für unser Occidental nicht ohne Geld arbeiten und vorwärtskommen kann. Die German Occidental-Federation bittet alle Coidealisten, denen es möglich ist, ihr Scherflein beizutragen. Spenden für unsere Bundesarbeit wolle man auf unser Postscheckkonto Berlin 696 76 unter Angabe des Zweckes einzahlen. Quittung erfolgt im G. O.

N.

Occidental vive e va victer!


Verantwortlich: E. K. Neumann, Dresden 6, Görlitzer Str. 35.